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Nichts ist einleuchtender oder angenehmer als das Vergleichen

Veröffentlicht am 15. Februar 2019, 16:37 Uhr

Der Januar 2019 war ein ereignisreicher Monat im SFB 1288. Emmanuel Lozerand (Paris), Marian Füssel (Göttingen) und Jörg Sonntag (Dresden) gaben im SFB-Kolloquium Einblicke in ihre Forschung, Gregor Horstkemper (München) stellte als Gast des Teilprojekts INF den Fachinformationsdienst Geschichtswissenschaft vor.

Emmanuel Lozerand war am 16. Januar auf Einladung von Niko Rohé (Teilprojekt A03) im Kolloquium zu Gast und sprach über das Vergleichen, insbesondere das "Vergleichen, um zu verwandeln" am Beispiel zweier Fälle aus der Geschichte Japans. Im ersten Beispiel ging es dabei um den Haiku und die Möglichkeit, ihn durch den Vergleich zu erneuern, im zweiten ging es um die Rolle des Vergleichens für die Darstellung anderer Kulturen (in diesem Fall der jesuitischen Darstellung des japanischen Volkes) und der Reduzierung ihrer Seltsamkeiten für das damit verbundene missionarische Ziel.
Eine Schlussfolgerung Lozerands bei der Zusammenführung der Beispiele war, dass es in beiden Fällen darum ging, der Welt eine neue historische Dimension zu geben und neue Perspektiven zu ermöglichen.
Besonderen Anklang beim SFB-Publikum fand ein Zitat aus Lozerands erstem Beispiel, von Masaoka Shiki aus dem Jahr 1855: "Es ist nichts in der Welt, was einleuchtender oder angenehmer als das Vergleichen ist."

Am 23. Januar beehrten Gregor Horstkemper und Marian Füssel den SFB mit ihrem Besuch. Am Nachmittag stellte Gregor Horstkemper den Fachinformationsdienst Geschichtswissenschaft vor und gab aufschlussreiche Einblicke in die Recherchemöglichkeiten und die Reichweite digitaler Dienste für HistorikerInnen. Diskutiert wurden dabei unter anderem Fragen zu Open Access-Veröffentlichungen und wie anwendende WissenschaftlerInnen zur Weiterentwicklung solcher und anderer Portale beitragen können.

In Marian Füssels Vortrag am Abend ging es um das Historisieren von Praktiken am Beispiel glokalisierender Vergleiche im Siebenjährigen Krieg. Füssel zeigte unter anderem an bildlichen Darstellungen aus dieser Zeit, dass diese quasi mediale Anleitungen zum Vergleichen waren, die etwa Highlander positiver und Kosaken als eher bedrohlich präsentierten. Konfessionsvergleiche wiederum wurden als Mittel der Evidenzproduktion eingesetzt. Füssel beschrieb dabei die Iterabilität von Praktiken als Schlüssel für die Fortschreibung und das Nachwirken von Praktiken.
Vergleichspraktiken könnten somit als Motor glokalisierender Entwicklungen und Prozesse betrachtet werden, die etwa durch Kriege forciert werden und sich wechselseitig verstärken.

Am 30. Januar sprach Jörg Sonntag (DFG-Netzwerk "Imitation") im Kolloquium des SFB und blieb bis zum nächsten Tag für eine intensive Workshop-Diskussion in kleinerem Rahmen am 31. Januar. Sonntag wurde von Lena Gumpert und Simon Siemianowski (Teilprojekt C02) eingeladen.
In seinem Vortrag über "Hybride Imitationen. Verheiligungstechniken in hochmittelalterlichen Klöstern" stellte Sonntag unter anderem zehn Merkmale für Imitationen vor. Darunter fielen etwa temporal vorgängige Referenzen, Illusionen oder Heiligkeitspotential. Im spezifischen Kontext des mönchischen Alltags gab es Beispiele wie die Fußwaschung und das Abendmahl oder die Allgegenwärtigkeit des Kreuzes – letztlich seien dies Rezitationen drehbuchartiger Abläufe, um Gott bzw. Christus näher zu kommen.
Das immer zugrundeliegende Paradox des imitierenden mittelalterlichen Menschens sei, dass er sich immer mehr 'entselbste', durch das Imitieren zum Imitierten werde und die Imitation dadurch im Grunde aufgelöst werde.

Fotos: Rebecca Moltmann

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