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Schule in der Zuwanderungsgesellschaft:Probleme, Scheinprobleme und Lösungsstrategien im Oberstufenkolleg an der Universität Bielefeld (Nr. 118/2001)
Zu diesem Thema veranstaltet das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld gemeinsam mit dem Oberstufenkolleg an der Universität Bielefeld eine Tagung vom 20. bis zum 22. September. Organisatoren sind die Bielefelder Wissenschaftler Dr. Heiner Bielefeldt, Prof. Dr. Rainer Dollase und Dr. Johannes Vossen.
Die politische Migrationsdebatte in Deutschland hat in jüngster Zeit neue Dyna-mik erhalten. Die Berufung einer Zuwanderungs-kom-mis-sion durch die Bundesregierung markiert den Abschied von der längst schon ana-chronistisch gewordenen Dok-trin, dass die Bun-desrepublik Deutschland kein Einwanderungs-land sei. Alle maßge-benden politischen Parteien haben mittler-weile Unterstützung für das Projekt eines Einwanderungsge-setzes signa-lisiert, dessen Konturen derzeit noch recht ver-schwommen sind.
Schulpolitik, Bildungsplanung, Pädagogik und vor allem die alltägliche Schulpraxis waren von der faktischen Zuwanderung von Anfang an unmittelbar betroffen. Es steht zu erwarten, dass auch eine künftige "förmli-che" Zuwanderungspolitik Herausforderungen an Schulen, Bildungsplanung und Pädagogik stellen wird.
Eine Grund-frage betrifft den Umgang mit kulturellem Plura-lismus in der Zu-wanderungs-gesellschaft. Brau-chen auch Zuwanderungsgesellschaften eine allen gemeinsame Ebene kultureller Verständigung; und wenn ja, wie breit muss diese Ebene sein? Ist es vielleicht an der Zeit, den Kulturbegriff als eine Zen-tralka-tegorie von Politik und Pädagogik überhaupt zu überwinden, weil er - sowohl in der konservativen Variante der "Leitkultur" als auch in der links-liberalen Variante einer "multikulturellen Gesellschaft" - Stigmatisierungen Vor-schub leistet? Oder erweist sich umgekehrt die gelegentlich praktizierte bewusste Nicht-Thematisie-rung kultureller Differenz bei näherem Hinsehen als eine ge-schickte Strategie zur Aufrechter-haltung einer etablier-ten kulturellen Domi-nanz?
Im Blick auf diese politischen und pädagogischen Grundfragen will die Tagung Perspektiven für die Schule in der Zuwanderungsgesellschaft entwickeln. Dabei sollen wissenschaft-liche Analysen bzw. Prognosen einerseits und praktische Erfah-rungen aus Unterrichtspraxis und Schulverwaltung andererseits zu Gehör gebracht wer-den. Sowohl zu den Plenumsvorträgen als auch vor allem in den parallel tagenden Workshops soll ausreichend Zeit für die Dis-kussion der anstehenden Fragen gegeben sein.
In den wissenschaftlichen Beiträgen geht es u.a. um demographi-sche Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die Bildungspla-nung; eine kritische Zwischenbilanz der inter-kulturellen Päd-agogik; den Stand der psycho-logischen Forschung zur Konstruktion sozialer Identität; neueste Ergebnisse soziometrischer Studien in Schul-klassen; empirische Untersuchungen über strukturelle Diskri-minierung in der Schule, und zwar im Inland wie im Aus-land; Einschätzungen etwaiger Tendenzen zur Ausbildung ethni-scher Ghettos in den Schulen.
Neben der Analyse allgemeiner gesellschaftlicher Entwicklungen und ihrer Folgen für Schulpra-xis und Päda-gogik sollen auch Er-fahrungen und Per-spektiven ein-zelner Schulfächer vorgetragen und diskutiert werden. Dazu zählen die Entwicklung eines islami-schen Religionsunter-richts, die künftige Rolle des "mutter-sprachli-chen Unterrichts", die aktuellen Anforde-rungen an das Fach "Deutsch als Fremdsprache" für die Integra-tion von Spätaus-sied-lern, Er-fahrungen mit dem Ge-schichts-unterricht in einer deutsch-türki-schen Schulklasse, neue Her-aus-for-derungen für den Sport-unter-richt in "multikulturell" zusammengesetzten Schul-klas-sen.
Die Tagung will nicht nur Probleme analysieren, sondern auch Lösungsstrategien aufzeigen, wie sie von Schul-verwaltung oder den Beteiligten im Schulunterricht entwickelt worden sind bzw. entwickelt werden.
Kontakt: Dr. Johannes Vossen, Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG), Tel. 0521/106-3165/3163, E-Mail: ikg@uni-bielefeld.de
Das Tagungsprogramm finden Sie im Internet unter:
http://www.uni-bielefeld.de/OSK/forum/tagung/tagung/html
Link: http://www.uni-bielefeld.de/OSK/forum/tagung/tagung/html