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"Orient-Diskurse in der deutschen Literatur vom Mittelalter bis zur Gegenwart" (Nr. 250/2005)
Internationale Tagung an der Universität Bielefeld im Rahmen des Euro-Islamischen Dialogs
Unter Leitung des Bielefelder Germanisten Klaus-Michael Bogdal findet vom 12. bis 14. Januar 2006 eine internationale Tagung zum Thema "Orient-Diskurse in der deutschen Literatur vom Mittelalter bis zur Gegenwart" im Internationalen Begegnungszentrum (IBZ) der Universität Bielefeld statt. Das aktuelle Verhältnis zum Islam ist von Angst und Misstrauen geprägt, Angst vor gewalttätigen islamistischen Gruppen und Misstrauen gegenüber einer fremden Religion. In dieser Situation ist ein Dialog schwierig, aber unverzichtbar. Er setzt gegenseitige Achtung und Kenntnis voraus. In der deutschen Literatur existiert seit einigen Jahrhunderten eine produktive Form der Auseinandersetzung mit den Kulturen des Orients, islamischen wie nicht-islamischen, die von einem großen Respekt vor deren Leistung geprägt ist. Es ist der Islamismus, der nicht nur den Dialog und den Austausch angreift, sondern auch die eigenen Kulturen, die sich wie überall dynamisch zu lebensweltlicher Vielfalt entwickelt haben. Deshalb sind in islamischen Ländern häufig Schriftsteller und Künstler heftigen Angriffen ausgesetzt, auch in weltlich regierten Staaten wie Ägypten, Algerien oder Syrien.
Die Bielefelder Tagung setzt konsequent auf den Dialog der Kulturen. Er wird getragen von Literaturforscherinnen und -forschern, die die andere Kultur eben nicht gering schätzen, sondern im Gegenteil genau um ihre jeweilige Bedeutung wissen. Wer verstehen will, muss zuvor das Fremde erfahren haben. "Es gibt zwischen Europa und der arabischen Welt eine gemeinsame Geschichte. Schon in vorislamischer Zeit wurde zwischen beiden Ufern des Mittelmeers ein Dialog geführt", sagte 2002 einer der berühmtesten Intellektuellen des arabischen Raums, der Lyriker Adonis.
Das Orientbild in der deutschen Literatur unterscheidet sich deutlich von dem, das sich unter den Bedingungen kolonialer Herrschaft in der englischen und französischen Literatur herausgebildet hat. Für letzteres hat der Palästinenser Edward W. Said, der bis zu seinem Tod in New York Literaturwissenschaft lehrte, den Begriff "Orientalismus" geprägt. Die deutsche Literatur schwankt zwischen Abwehr und Faszination. In den Türkenkriegen verfestigen sich die Feindbilder vom grausamen 'Muselmann'. Aber schon im 17. und 18. Jahrhundert beginnt das positive Interesse an orientalischer Literatur und Philosophie zu wachsen und einen Einfluss auf die deutsche Literatur auszuüben. Ein erster Höhepunkt ist neben den Märchen Wilhelms Hauffs wie "Der kleine Muck" sicherlich Goethes "West-östlicher Diwan". In der Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts finden wir beides: Bilder des Orients, die einem Kampf der Kulturen und Religionen zuarbeiten, und Entwürfe zivilisatorischer Gemeinsamkeiten.
Einen Höhepunkt der Tagung bietet ohne Zweifel die Lesung von Claudia Ott am 13.01. um 20 Uhr im IBZ aus ihrer Neuübersetzung von "Tausendundeine Nacht", zu der die Süddeutsche Zeitung schrieb: "mal dramatisch, mal komisch, mal erotisch - immer jedoch von höchster Poetizität". Claudia Ott liest nicht einfach aus ihrem Buch. Sie weiß ihre Zuhörer mit wenigen Requisiten und ihrem Spiel in die Welt von 'Tausendundeine Nacht' zu entführen.
Weitere Informationen zur Tagung unter: www.uni-bielefeld.de/lili/personen/bogdal/orient-diskurse
Kontakt: Prof. Dr. Klaus-Michael Bogdal, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft, Universität Bielefeld, Tel.: 0521/106 3710 oder /106 3702, E-Mail: klaus_michael.bogdal@uni-bielefeld.de