Pressemitteilungen
Kultur der Selbstständigkeit an der Universität Bielefeld (Nr. 110/2007)
Studie zeigt erhebliches Gründungspotenzial / Neue Informations- und Beratungsangebote für Wissenschaftler und Studierende / Neuer Hochschulcampus zentraler Baustein
In vielen Forschungsfeldern gehört die Universität Bielefeld zu den besten Hochschulen in Deutschland. Auch wenn die traditionellen Stärken der Universität im Bereich der Grundlagenforschung liegen, ergeben sich in verschiedenen Forschungsfeldern auch interessante anwendungsorientierte Aspekte - dies gilt für viele Bereiche, von den Naturwissenschaften bis zu den Sozial- und Geisteswissenschaften. "Die Universität Bielefeld ist und bleibt eine grundlagenorientierte Forschungsuniversität und kann sicher nicht mit einer Technischen Universität verglichen werden", betont Professor Dr. Martin Egelhaaf, Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs. Er kündigt aber an: "Wir werden das vorhandene Transferpotenzial in Zukunft noch konsequenter und systematischer nutzen." Transfer bedeutet den wechselseitigen Wissensfluss zwischen Hochschule und Wirtschaft/Gesellschaft.
In einer 2006 und 2007 gemeinsam mit der Bielefelder Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft WEGE in Auftrag gegebenen Studie zur "Kultur der Selbstständigkeit an der Universität Bielefeld" wurde erstmals umfangreiches Datenmaterial zum Gründungspotenzial an der Universität Bielefeld erhoben. Demnach sind aus der Universität heraus in den letzten acht Jahren knapp 100 Existenzgründungen und Unternehmen entstanden, die auch heute noch - überwiegend in der Region - wirtschaftlich aktiv sind. Das Potenzial für Gründungen aus der Hochschule wird auf 10 bis 20 pro Jahr geschätzt. Die Ausgründungen sind in den unterschiedlichsten Bereichen tätig: Beratung, Gesundheit, Bildung, Informationstechnologie, Medien, Biotechnologie, Forschung sowie Produktion und Technik. Die Autoren der Studie haben bei vielen Studierenden und Wissenschaftlern ein erhebliches Interesse an unterstützenden Angeboten seitens der Universität - unter anderem bezogen auf Beratung und Coaching, Finanzierungsmöglichkeiten sowie praxisnahe Veranstaltungen - festgestellt. "Über die seit vielen Jahren existierenden Angebote unserer Transferstelle hinaus haben wir daher nun ein umfangreiches Programm zusätzlicher Maßnahmen gestartet", so Professor Egelhaaf. Ziel ist es, ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen und Ausgründungen aus der Universität aktiv zu begleiten. Insbesondere Studierende und junge Wissenschaftler sollen durch Informations- und Qualifikationsangebote für die Selbstständigkeit interessiert werden. Mit einer zentralen Informationsveranstaltung hat das Rektorat am 15. Juni eine Intensivierung der"Gründungsförderung" eingeleitet. Im September wird der Workshop "Von der Idee zum Produkt" angeboten und im Oktober folgt ein spezieller Beratertag. Für Gründungsinteressierte, die schon eine konkrete Geschäftsidee haben, bietet die Universität verstärkt ein individuelles Coaching-Programm an. Die Veranstaltungs- und Qualifizierungsangebote in der Universität werden fortgesetzt und ausgebaut. "Wir wollen in einer ersten Phase für das Thema sensibilisieren: Wer eine gute Geschäftsidee und den Mut hat, sich selbstständig zu machen, der erhält von der Universität Bielefeld intensive Unterstützung." Die Aktivitäten der Universität Bielefeld sind eng verknüpft mit den regionalen Partnern WEGE, Industrie- und Handelskammer und Sparkassen (Gründerfonds und Gründerschule).
"Ausgründungen aus der Universität Bielefeld sind meist hochinnovative - wenngleich nicht zwingend technologische - Unternehmungen, die auch weiterhin am Forschungsprozess teilhaben sollen", erklärt Professor Egelhaaf. Die hochschulnahe Transfergesellschaft Institut für Innovationstransfer GmbH (IIT) bietet diesen das Dach einer Holding, unter Umständen auch einen Firmensitz in der Universität - zu marktkonformen Preisen. "Die Vermarktung von Forschungsergebnissen und wissenschaftlichen Dienstleitungen wird an der Universität Bielefeld daher vielfach über das IIT abgewickelt."
Der "IIT-Business Incubator" ermöglicht die Erprobung innovativer Geschäftskonzepte: Über eine Kooperation mit der Bielefelder Unternehmensschmiede bietet das IIT praxisnahe Schulungen für Gründer an. Und: Im Rahmen des IIT können Bielefelder Wissenschaftler am Markt tätig werden oder Aufträge aus Wirtschaft und von Verbänden abwickeln. Seit 2006 ist die Westfälisch-Lippische Universitätsgesellschaft Mehrheitseigner des IIT. Der Zweck: Über die Universitätsgesellschaft soll ein besserer Austausch zwischen Wirtschaft und Universität gelingen. Nahezu alle wichtigen Unternehmen und wirtschaftlichen Institutionen der Region sind Mitglieder der Universitätsgesellschaft.
"Wir wollen an der Universität Bielefeld eine Kultur der Selbstständigkeit etablieren und potenzielle Existenzgründungen konsequent und systematisch fördern", resümiert Prorektor Egelhaaf. "Doch wir stoßen in einem Punkt an Grenzen: Im Universitätsgebäude steht nur begrenzt Platz für universitätsnahe Unternehmen zur Verfügung." Die Ausgründungen haben jedoch ein großes Interesse
an einem direkten Anschluss. Vielfach wird Infrastruktur der Universität genutzt. Noch wichtiger: Die Unternehmen beschäftigen Studierende. Eine fachnahe Beschäftigung in einem Unternehmen und das Studium lassen sich durch räumliche Nähe sehr viel besser koordinieren - mit Nutzen für beide Seiten. "Auch aus diesen Gründen gibt es zur Erschließung des Universitätserweiterungsgelände ?Lange Lage? keine Alternative - der neue Hochschulcampus Bielefeld ist für uns ein wichtiger Baustein." Befürchtungen, es könnte sich auf dem Gelände auch Industrie ansiedeln, erteilt der Prorektor eine klare Absage: "Ausgründungen aus der Universität, die sich auf dem neuen Campus ansiedeln sollen, stärken die Wertschöpfungskette von Produkten und Verfahren durch wissenschaftliche Innovationen - in enger Kooperation mit dem Forschungslabor. Ihre 'Produktion' sind wissensintensive Forschungs- und Dienstleistungen."
Ausgesuchte Beispiele für Ausgründungen der unterschiedlichsten Art und aus den unterschiedlichen fachlichen Gebieten, für die eine räumliche Nähe zu den Wissenschaftsbereichen vorteilhaft ist:
Ausgründungen im geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereich:
Wissenschaftsnahe Beratung und Dienstleistungen in Psychologische Ambulanzen:
Von jungen Absolventen gegründet in enger Anbindung an den Wissenschaftsbereich der Psychologie, Pädagogik und Klinischen Linguistik und in Kooperation mit den Hochschullehrern werden im Rahmen dieser Einrichtungen über die umfangreiche und fundierte Diagnostik hinaus Möglichkeiten vermittelt, wie Patienten mit problematischen Situationen umgehen können. Es werden aber auch Forschungsvorhaben zur Verbesserung von psychologischen Beratungsmethoden durchgeführt. Zurzeit gibt es sechs Ambulanzen mit durchschnittlich vier Mitarbeitern. Sie firmieren als GmbHs oder GbRs und sind eng vernetzt mit der Universität und Partnern aus Kliniken, Organisationen und Verbänden.
Kompetenzzentrum Soziale Dienste:
Das Kompetenzzentrum Soziale Dienste an der Universität Bielefeld ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern (vor allem aus der Fakultät für Pädagogik). Ziel dieses Kompetenznetzwerkes ist es, die Expertise und Erfahrung zahlreicher Evaluations- und Forschungsprojekte im Feld der Sozialen Dienste zu bündeln. Das Netzwerk bietet Kompetenzen in den Bereichen Evaluation, Forschung und Beratung für die Soziale Arbeit an. Hier handelt es sich um eine anstehende Ausgründung aus einem Geschäftsfeld der IIT GmbH. http://www.kom-sd.de
AMMMa AG - Didaktische Konzeption und innovative Technologie aus einer Hand:
Die AMMMa-AG wurde Mitte der 90er Jahre als Profit-Center unter dem Dach der universitätsnahen IIT GmbH gegründet. Im Februar 2000 erfolgte die Ausgründung und Umformierung des Unternehmens zur Aktiengesellschaft mit Sitz in Bielefeld. Die Unternehmensaktivitäten konzentrieren sich auf Konzepte und Lösungen für unternehmensweites Wissensmanagement und eLearning. Der Anspruch: Aus jahrelanger intensiver Forschungsarbeit sollen marktfähige Produkte umgesetzt werden. http://www.ammma.de
Ausgründungen im naturwissenschaftlichen Bereich:
Die Wechselbeziehung zwischen Naturwissenschaft und ihrer Anwendung ist intensiv: Praktikums-Angebote im Rahmen der Ausbildung von Studierenden, Studienabschlussarbeiten und Doktorarbeiten, gemeinsame Forschung und Entwicklungs-Projekte, Ideenaustausch und nicht zuletzt gemeinsame Vermarktung von Erfindungen - zuletzt beispielsweise mit der LaVision Biotech GmbH (http://www.lavisionbiotec.com) und der Biophysik der Universität.
In Ostwestfalen-Lippe gibt es knapp 30 Biotechnologie-Unternehmen mit 500 Mitarbeitern. Sie profitieren von der hochkarätigen Forschung an der Universität Bielefeld (Bioinformatik und Genomforschung).
BiBiTec GmbH:
Die BiBiTec GmbH wurde 2001 von international renommierten Experten auf dem Gebiet der biopharmazeutischen Prozessentwicklung an der Universität Bielefeld gegründet. Seitdem arbeitet das Unternehmen für Pharma- und Biotech-Unternehmen an der Entwicklung und Optimierung von Prozessen zur Produktion von rekombinanten Proteinen und monoklonalen Antikörpern. http://www.bibitec.de
Innovatis AG:
Das Unternehmen wurde 1995 als Spin-Off der Universität Bielefeld gegründet und produziert Laborgeräte für automatisierte Zellzählung auf Basis digitaler Bilderkennung. http://www.innovatis.com
PlasmidFactory GmbH & Co. KG:
Das biopharmazeutische Unternehmen wurde 2000 von Dr. Martin Schleef, Dr. Torsten Schmidt und Prof. Dr. Erwin Flaschel gegründet. Heute beschäftigt es ein junges Team aus Biologen, Chemikern und Technischen Assistenten und ist Europas führender Auftragshersteller für Plasmid DNA. http://www.plasmidfactory.de
Kurzmeldung
Studie zeigt erhebliches Gründungspotenzial / Neue Informations- und Beratungsangebote für Wissenschaftler und Studierende / Neuer Hochschulcampus zentraler Baustein
In vielen Forschungsfeldern gehört die Universität Bielefeld zu den besten Hochschulen in Deutschland. Auch wenn die traditionellen Stärken der Universität im Bereich der Grundlagenforschung liegen, ergeben sich in verschiedenen Forschungsfeldern auch interessante anwendungsorientierte Aspekte - dies gilt für viele Bereiche, von den Naturwissenschaften bis zu den Sozial- und Geisteswissenschaften. "Die Universität Bielefeld ist und bleibt eine grundlagenorientierte Forschungsuniversität und kann sicher nicht mit einer Technischen Universität verglichen werden", betont Professor Dr. Martin Egelhaaf, Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs. Er kündigt aber an: "Wir werden das vorhandene Transferpotenzial in Zukunft noch konsequenter und systematischer nutzen." Transfer bedeutet den wechselseitigen Wissensfluss zwischen Hochschule und Wirtschaft/Gesellschaft.