Pressemitteilungen
Eröffnung der Bielefelder Gedächtnis- und Sprachambulanzen (Nr. 179/2001)
Sprache und Gedächtnisleistungen sind eng miteinander verwobene menschliche Leistungen, deren Störungen erhebliche Beeinträchtigungen für das alltägliche Leben in unserer Kommunikationsgesellschaft bedeuten. Eine differenzierte Diagnostik beider Bereich ist speziell bei beginnenden demenziellen Erkrankungen, bei Aphasien und anderen erworbenen Störungen neurogener Ursache im Erwachsenenalter wichtig für die Planung adäquater Behandlungsmaßnahmen und Therapiekonzepte.
In der Universität Bielefeld ergibt sich durch die Kooperation der Studienbereiche der Physiologischen Psychologie (Prof. Dr. Hans-Joachim Markowitsch) und der Klinischen Linguistik (Prof. Dr. Gert Rickheit) eine interessante neue Perspektive, die für Patienten eine differenziertere neurolinguistische und neuropsychologische Diagnostik hinsichtlich dieser spezifischen Störungsbereiche anbietet und so die schon seit Jahren sehr guten Angebote der Neuropsychologischen Ambulanz (Prof. Dr. Wolfgang Hartje) ergänzt.
Am Freitag, dem 7. Dezember,13.00 Uhr, werden die neu eingerichteten Räume der Gedächtnisambulanz und der Sprachambulanz / Klinische Linguistik eingeweiht. Sie befinden sich im Erdgeschoss der Universität Bielefeld (C02-222, 224 und 226) und sind behindertengerecht direkt durch den Eingang im Quertrakt des Gebäudeteiles C zu erreichen.
Die Ambulanz der Klinischen Linguistik existiert seit 15 Jahren. Die neuen Ambulanzräume bieten nun unter anderem verbesserte Möglichkeiten für den didaktischen Einsatz. In der Klinischen Linguistik bietet der Studiengang Klinische Linguistik in begrenztem Rahmen die Möglichkeit einer ausführlichen Diagnostik, die üblicherweise von den Kassen nicht übernommen wird, für Patienten, die über die neurologische Ambulanz des Ev. Johannes-Krankenhauses Bielefeld (Prof. Dr. Peter Clarenbach) betreut werden, oder für Patienten, die aus kooperierenden Praxen und Kliniken der Region kommen.
Entsprechende Angebote werden im Rahmen des Studienganges zu Hospitationszwecken und für die supervidierte Diagnostik und Therapie verwendet, oder sie dienen bestimmten Forschungszwecken, so z.B. der Weiterentwicklung und Evaluierung bestimmter Tests und Behandlungskonzepte. Die Maßnahmen werden von Mitarbeiterinnen des Studienganges durchgeführt und betreut, die auch in der externen Supervision der Studierenden tätig sind.
Die Bielefelder Gedächtnisambulanz ist eine neue Einrichtung zur regionalen Versorgung in ambulanter klinischer Neuropsychologie mit qualitätssicherndem Anspruch. Sie wird betrieben von freiberuflichen Neuropsychologinnen unter Supervision von Hans-Joachim Markowitsch (Gedächtnisforscher an der Universität Bielefeld).
Die Arbeit der Bielefelder Gedächtnisambulanz erstreckt sich auf zwei Ziele: Sie bietet neuropsychologische Dienstleistungen in Diagnostik und Beratung von neurologischen und psychiatrischen Patienten an, die - primär aufgrund einer Schädigung des zentralen Nervensystems - BeeintrÃchtigungen der Hirnfunktionsleistungen erlitten haben. Dies betrifft Funktionsbereiche wie Wahrnehmung und Motorik, Orientierung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Sprache und problemlösendes Denken sowie Persönlichkeit, emotional-motivationale und soziale Verhaltensaspekte. Die Gedächtnisambulanz unterhält hierfür bereits enge Kontakte zu verschiedenen Fachabteilungen der Krankenanstalten Gilead (Neurologie / Prof. Dr. Dierk Dommasch) und des Evangelischen Johannes-Krankenhauses (Neurologie / Prof. Dr. Peter Clarenbach) in Bielefeld sowie des Klinikums Lippe-Lemgo (Neurologie / Prof. Dr. Peter Vieregge) in Lemgo. Darüber hinaus bestehen weitere regionale und überregionale Kontakte zu Kliniken und niedergelassenen Ärzten.
Die räumliche Nähe und personelle Überlappung zwischen universitätsunabhängiger Gedächtnisambulanz und der universitären Abteilung Physiologische Psychologie sowie zwischen Sprachambulanz und dem Fach Linguistik / Klinische Linguistik sollen darüber hinaus einen engen Austausch zwischen Forschung und klinischer Praxis fördern. So können neue wissenschaftliche Erkenntnisse und diagnostische Verfahren in der klinischen Arbeit direkt zur Anwendung kommen. Umgekehrt können die alltäglichen diagnostischen und therapeutischen Erfahrungen in klinischer Praxis innovative Fragestellungen und Forschungsprojekte anstoßen. Im Rahmen des Lehrangebotes der Abteilung Physiologische Psychologie sollen Studenten langfristig die Möglichkeit haben, über ein Praktikum in der Gedächtnisambulanz erste Erfahrungen im klinischen Anwendungsfeld der Neuropsychologie zu sammeln. Im Rahmen der Veranstaltungen der Klinischen Linguistik soll zukünftig auch schon im Grundstudium vermehrt der Praxisbezug im Rahmen von Hospitationseinheiten in der Sprachambulanz gewährleitet werden.
Kontakt: Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld, Prof. Dr. Gert Rickheit, Telefon 0521/106-5310, -6928.