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Eine Gesellschaft - viele Gesellschaften? Das Sonderheft "Weltgesellschaft" der Zeitschrift für Soziologie präsentiert aktuelle Forschungsergebnisse zur Theorie und Empirie unserer einen (weltweiten) Gesellschaft (Nr. 230/2005)
Was ist die Reichweite unserer Gesellschaft, was sind ihre Grenzen, die sich immer schneller zu verändern scheinen? Wird man weltweit verhandelten Themen wie dem europäischen Integrationsprozess oder der Rolle und Bedeutung von Menschenrechten mit dem Schlagwort der Globalisierung gerecht? Benötigt man nicht vielmehr andere Perspektiven, um damit verbundene Probleme in den Griff zu bekommen - theoretisch wie empirisch?
Ende November 2005 ist im Lucius und Lucius Verlag ein Buch erschienen, das sich genau mit diesen Fragen auseinandersetzt: Das Sonderheft "Weltgesellschaft" der Zeitschrift für Soziologie. Herausgegeben wurde es von der Zeitschrift in Kooperation mit dem Bielefelder Institut für Weltgesellschaft. Hier wird die Welt nur noch als eine Gesellschaft verstanden. Auch diese Gesellschaft hat Grenzen, aber sie liegen nicht mehr ausschließlich zwischen Staaten. Die Außengrenze ist der Globus, die Innengrenzen werden zwischen Funktionssystemen wie der Weltwirtschaft, der Weltwissenschaft und der Weltpolitik verortet. Innerhalb der Funktionssysteme finden sich dann weitere Grenzen, wie beispielsweise die zwischen Staaten im weltpolitischen System.
Der Band versammelt 21 Beiträge von 24 renommierten Wissenschaftlern - Soziologen, Politologen, Ethnologen und Literaturwissenschaftlern - aus dem deutschsprachigen Raum, die sich dem Begriff der Weltgesellschaft aus verschiedenen theoretischen und empirischen Bereichen annähern. Unter "begriffsgeschichtlichen Zugängen" widmet sich der Literaturwissenschaftler und Publizist Manfred Koch Goethes Beobachtung und Einschätzung der Weltliteratur. Im theoretischen Abschnitt des Bandes präzisiert der Luzerner Soziologe Rudolf Stichweh den Gesellschaftsbegriff der Systemtheorie, die Bielefelder Soziologen Jens Greve und Bettina Heintz rekonstruieren die Entwicklung der Weltgesellschaftstheorie, und der Osnabrücker Soziologe Lothar Hack diskutiert Wallersteins Konzept der Weltsystemtheorie.
Neben einem Beitrag des Bielefelder Doktoranden Tobias Werron zum Weltsport sowie Beiträgen zum Welthandel oder globalen Netzwerken fragt der Bielefelder Politikwissenschaftler Mathias Albert im Abschnitt "Differenzierung und Integration der Weltgesellschaft" danach, woran sich Weltstaatlichkeit festmachen lässt, ja wie diese überhaupt entsteht.
Im letzten Abschnitt "Region, Nation und Lokalität" analysieren schließlich Autoren wie die Erfurter Soziologin Theresa Wobbe Europas Rolle in der Weltgesellschaft, der an der FernUniversität Hagen lehrende Soziologe Uwe Schimank fragt nach der Funktion von Staatsgrenzen, und die Bielefelder Anthropologin Joanna Pfaff-Czarnecka fragt am Beispiel von kollektiven Repräsentationen im Nepal-Himalaya nach der Bedeutung des Lokalen im entgrenzten Wettbewerb.
Der rund 500 Seiten umfassende Band geht zurück auf eine Tagung, die das Bielefelder Institut für Weltgesellschaft im Jahr 2002 zusammen mit der Zeitschrift für Soziologie veranstaltet hat, und ist das bisher umfangreichste Werk in der Weltgesellschaftsforschung. Das im Jahr 2000 von der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld gegründete Institut bündelt aktuell rund 15 Forschungsprojekte, die sich mit weltgesellschaftlichen Fragen in verschiedenen Gesellschaftssystemen wie Wirtschaft, Politik, Religion oder der Wissenschaft auseinandersetzen. Am Institut ist auch das Graduiertenkolleg "Weltbegriffe und soziale Strukturmuster" angesiedelt, in dem junge Nachwuchswissenschaftler zur Weltgesellschaft forschen. Drei von Ihnen - Tobias Werron, Bettina Mahlert und Christian Mersch - sind auch als Autoren in dem Band vertreten.
Die Zeitschrift für Soziologie versteht sich als ein repräsentatives Organ der deutschsprachigen Soziologie. Sie steht allen Soziologen und Soziologinnen des deutschen Sprachraums offen, fördert ihren Austausch und umfasst dabei alle vorhandenen theoretischen Orientierungen und substantiellen Interessensgebiete.
Kontakt:
Bei Fragen zum Band und zur Zeitschrift für Soziologie: Prof. Dr. Hartmann Tyrell, Redaktion und Geschäftsführung der Zeitschrift für Soziologie, Telefon: 0521/106 4627, E-Mail: hartmann.tyrell@universität-bielefeld.de
Bei Fragen zum Institut für Weltgesellschaft: Dipl. Soz. Ursula Mühle, Geschäftsführerin des Instituts für Weltgesellschaft, Telefon 0521/106 4225, E-Mail: ursula.muehle@universität-bielefeld.de