Pressemitteilungen
Dilthey-Fellowships für Nachwuchsforscher der Universität Bielefeld (Nr. 99/2006)
Linguistin und Historiker erhalten im Rahmen der Initiative "Pro Geisteswissenschaften" jeweils jährlich 80.000 Euro Förderung
Dr. Katharina J. Rohlfing (Technische Fakultät) und Dr. Frank Uekötter (Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie) erhalten jeweils ein Dilthey-Fellowship. Die Fritz Thyssen Stiftung und die Volkswagenstiftung vergeben die Stipendien im Rahmen der Initiative "Pro Geisteswissenschaften". Das Besondere an den Stipendien ist die lange Laufzeit: Die Förderung erfolgt zunächst für eine Dauer von fünf Jahren - kann aber um weitere drei bis maximal fünf Jahre verlängert werden. Damit ist es den Stipendiaten möglich, auch langfristige Projekte verlässlich finanziert umzusetzen. Die jährliche Fördersumme beträgt jeweils 80.000 Euro. Insgesamt haben die beiden Stiftungen diesem Jahr acht Dilthey-Fellowships vergeben.
Die Linguistin Dr. Katharina J. Rohlfing (35 Jahre) forscht und lehrt seit 2005 an der Universität Bielefeld. Der Mutter zweier Kinder gelingt ein Kuriosum, denn sie arbeitet als Stipendiatin der Initiative "Pro Geisteswissenschaften" in der Technischen Fakultät: Dr. Katharina J. Rohlfing ist in der Arbeitsgruppe "Angewandte Informatik" tätig und untersucht, wie Kinder von Eltern lernen und ob man diese Erkenntnisse in einer Mensch-Roboter-Interaktion umsetzen kann. Der Titel ihres Dilthey-Projekts: "Symbiose von Sprache und Handlung".
Ähnlich wie Roboter werden Kinder mit neuen Informationen überschüttet. Anders als bisher konstruierte Roboter sind Kinder jedoch in der Lage, jegliche Unterstützung der Umwelt zu nutzen, um diese Informationen über die Welt zu strukturieren. Denn die Umwelt passt sich an sie an: Erwachsene äußern einen speziellen multimodalen Input oder Feedback. Diese Unterstützung ändern sie je nach kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten ihres Kindes und in Abhängigkeit von situativen Faktoren. Selbst eine Auseinandersetzung mit der gegenständlichen Umwelt findet in dieser sozialen Einbettung statt. Das zentrale Anliegen des Projektes ist es, diese Unterstützung der Umwelt in Studien mit Kindern und ihren Eltern zu erforschen, und somit das Lernen im Allgemeinen, und Sprachlernen im Speziellen als Angleichung zweier Kommunikationspartner zu untersuchen. Die gewonnenen Erkenntnisse zum Lernen werden in der Mensch-Roboter-Interaktion modelliert und evaluiert.
Der Geschichtswissenschaftler Dr. Frank Uekötter (35 Jahre) ist wissenschaftlicher Angestellter an der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie. Er beschäftigt sich mit der Wissensgeschichte der Landwirtschaft. Von 1991 bis 1997 war er Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes. Der Titel seines Dilthey-Projekts: "Wissensgeschichte der Landwirtschaft im 20. Jahrhundert. Auf dem Weg zu einer Epistemologie des Vergessens".
Die wenigsten Menschen denken bei Landwirtschaft zuerst an Wissenschaft. Tatsächlich gehören die Agrarwissenschaften jedoch zu den Giganten der Forschung, durchaus vergleichbar mit der Medizin und den Ingenieurwissenschaften. Aber anders als diese Fächer ist die Geschichte des landwirtschaftlichen Wissens nur sehr bruchstückhaft erforscht. Hier setzt das Projekt an und analysiert den Wandel des landwirtschaftlichen Produktionswissens, der im 20. Jahrhundert den Aufstieg zu einer historisch präzedenzlosen Produktivität ermöglichte, aber zugleich ökonomische und ökologische Probleme in ebenfalls völlig neuartigem Umfang hervorrief. Durch eine Erweiterung der Wissenschaftsgeschichte zur Wissensgeschichte kommen dabei auch die landwirtschaftlichen Praktiker in den Blick: Wie gelangte wissenschaftliches Know-how zu den Landwirten? Was fand und findet den Weg von den Praktikern zu den Forschern zurück? Es geht in dem Projekt daher auch um historische Grundlagen einer ökologischen Wende der Landwirtschaft, die in der gegenwartspolitischen Agrardebatte viel zu wenig Beachtung finden.
Die Fotos sind abrufbar unter: www.uni-bielefeld.de | Aktuelles | Aktuelle Pressemitteilungen | Pressemitteilung Nr. 99/2006