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Bielefelder Wissenschaftler plädiert für Auflösung der Hauptschulen - Offener Brief an alle Kultus- und Schulminister für ein "Zwei-Wege-Modell" der Sekundarschulen (Nr. 185/2006)
Der Bielefelder Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Klaus Hurrelmann hat an die 16 Ministerinnen und Minister der Bundesländer, die für das Schulwesen verantwortlich sind, einen Offenen Brief geschrieben. Er plädiert darin für eine Auflösung der Hauptschule als isolierter und eigenständiger Schulform und für ihre Zusammenlegung mit Realschulen und Gesamtschulen zu einer neuen "Sekundarschule". Auf diese Weise sollen nach Abschluss der Grundschule allen Schülerinnen und Schülern einheitlich im gesamten Bundesgebiet nur noch zwei weiterführende Schultypen zur Verfügung stehen, nämlich das Gymnasium und die neue Sekundarschule. Beide Schulen sollen ihre eigenen Oberstufen haben, beim Gymnasium ist es die bereits existierende "gymnasiale Oberstufe", die potenziell bis zum Abitur führt. Bei der Sekundarschule sollen es die heutigen Berufsschuleinrichtungen sein, die in vielen Bundesländern auch Berufskollegs und ähnlich heißen. Auch in der Oberstufe der Sekundarschule soll auf diesem Wege die Fachhochschulreife und das Abitur erworben werden können. Auf diese Weise will der Bielefelder Wissenschaftler ein, wie er es nennt, "Zwei-Wege-Modell" für die Sekundarschulen in Deutschland etablieren.
Professor Hurrelmann hatte schon vor genau 10 Jahren den gleichen Vorschlag an die damaligen 16 Landesminister für Kultus und Schule geschickt. Daraufhin hatte es 1991 und 1992 eine intensive Diskussion zur Reform der Sekundarschule gegeben. Vor allem die ostdeutschen Bundesländer sind dem Modell einer Zusammenlegung der Hauptschule mit anderen Schulformen der Sekundarschulen gefolgt. Das Bundesland Sachsen hat dieses Modell bisher am Klarsten umgesetzt. Inzwischen gibt es auch in vielen westlichen Bundesländern intensive Diskussionen. So wird in Hamburg öffentlich über eine Zusammenlegung der Hauptschulen und Realschulen und möglicherweise auch Gesamtschulen debattiert. Auch in Bayern gibt es aus der Mitte der Regierungspartei CSU Vorschläge in diese Richtung.
Das Kernargument von Hurrelmann ist, dass durch die "behutsame Beruhigung der Schulstruktur" in Deutschland einheitliche Lebensbedingungen für die Eltern gesichert sind. Heute müssen Schülerinnen und Schüler bei einem Wechsel des Bundeslandes erhebliche Unsicherheiten in Kauf nehmen, wie es mit ihrer Schullaufbahn weitergeht. Nur die Schulform Gymnasium ist einheitlich in allen Bundesländern etabliert, hat aber unterschiedliche Aufnahmeverfahren. Durch die Bildung einer einheitlichen Sekundarschule als praxis- und berufsorientierter Schulform neben dem Gymnasium will der Bielefelder Wissenschaftler an die Tradition anknüpfen, neben einer wissenschaftsorientierten schulischen Ausbildung auch eine unmittelbar lebensweltorientierte und praxisbezogene einzurichten.
Der Wortlaut des Offenen Briefes ist beigefügt.