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Porträt Naim Azofri
                      
                      Naim Azofri 
nach einem Interviewleitfaden von Myriam Goupille
Woher kommst du genau? 
Mein Name ist Naim Azofri. Azofri heißt so etwas wie „Allein Lebender“, 
und ich bin im Norden von Marokko geboren, in einem  Berber-Dorf namens 
Beni Oulichk in der Nähe von Nador.
Wie und wann kamst du nach Bielefeld? 
Im Jahr 2002 bin ich zum Studium nach Deutschland gekommen. Zuerst nach 
Potsdam, um dort einen einjährigen  Sprachkurs zu besuchen. Ich kam mit 
beinahe gar keinen Deutschkenntnissen. Das kam so: Bei uns in Marokko 
gibt es Geistes- und Naturwissenschaften, für die man sich durch sein 
Abitur qualifizieren muss. Ich konnte durch meine schulische 
Vorbereitung nur ein geisteswissenschaftliches Studium aufnehmen. An der
 Schule hatte ich kein Deutsch. Ich wollte aber eine Sprache studieren, 
die mich ins Ausland führt. Und es sollte nicht Französisch sein, weil 
alle nach Frankreich gehen und ich etwas anderes machen wollte. Ein 
Teil meiner Verwandtschaft war zudem bereits in Deutschland. Deshalb 
habe ich mich für Germanistik entschieden. 
Von Potsdam aus ging es zum Germanistikstudium nach Düsseldorf. Die 
Germanistik bestand zunächst einmal aus Althochdeutsch und 
Mittelhochdeutsch. Das war mir einfach zu viel, und ich wollte mich auf 
Neuhochdeutsch konzentrieren. So kam ich zum Fach Deutsch als 
Fremdsprache, verbunden mit Linguistik, – und damit nach Bielefeld. Hier
 habe ich mein Studium absolviert – und mittlerweile bin ich 
Arabisch-Lehrer an öffentlichen Schulen in Bielefeld.
Gibt es etwas aus deinem Land, was du hier vermisst? Und etwas, was du hier in Deutschland schön findest?
Was ich besonders vermisse sind die Feste, die wir in Marokko feiern. Ich finde, hier in Deutschland feiere ich gar nicht. In Marokko trifft sich die ganze Verwandtschaft, isst zusammen, alle sind frei und vergnügt, Musik und Tanz gehören dazu, die vielen gleichaltrigen Cousins und Cousinen sehen und was zusammen machen.
Was ich an Deutschland mag: Ich habe hier neue Freundschaften geschlossen und mir so Eigenschaften wir Ordnung, Pünktlichkeit und Selbständigkeit angewöhnt. Vor allem das Gefühl der Selbständigkeit, des Unabhängig-Seins gefällt mir, auch das planvollere Leben hat seine Vorteile: Ich freue mich, wenn ich weiß, wo ich meine Unterlagen abgelegt habe. Und es entspannt mich, wenn ich weiß: Meine Verbindlichkeiten sind diese und jene von der Uhrzeit bis zu dieser. Und danach habe ich Freizeit. Das nimmt Stress, denn es schafft Übersichtlichkeit und das Erfolgserlebnis, etwas zu planen und dann auch umsetzen zu können.
Doch wo ein Gewinn, da ein Verlust: Ich habe den Eindruck, ich bin anderen gegenüber heute weniger tolerant, weil ich von ihnen dieselbe Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit erwarte, die ich mir selbst angeeignet habe.
Hast du immer unterrichtet? Wenn nicht, was hast du vorher gemacht?
Während des Studiums habe ich verschiedene Studentenjobs gehabt. Zum 
Beispiel habe ich in einem Zeitungsverlag gearbeitet und als Mitarbeiter
 der DB Fahrgäste gezählt. Im Stadion, in der Alm, habe ich gekellnert.
Ansonsten habe ich immer unterrichtet. Das gefällt mir am besten. Nach 
einem DaF-Praktikum während des Studiums war mir das völlig klar. Beim 
BildungsCentrum in Herford habe ich fünf Jahre lang Deutschunterricht 
gegeben, und seit 2008 unterrichte ich an der Uni Bielefeld Arabisch. 
Seit einem Jahr nun auch Arabisch als Herkunftssprache an öffentlichen 
Schulen, sowohl an Grundschulen als auch an weiterführenden.
Kannst du uns eine Anekdote aus deiner Arbeit am FSZ erzählen? Es kann etwas Lustiges oder leicht Peinliches sein, das jedem passieren kann.
Da fällt mir spontan eine Begriffsstutzigkeit von mir ein. Ich fragte eine Studentin in einem Anfängerkurs, wo sie denn arbeite. Da sagt sie mir auf Arabisch: 3inda (Bei) ha (der Buchstabe H) wa (und) mim (Buchstabe für M).
Ich verstand nicht. Bei den Buchstaben ha und mim, was sollte das sein? Klar kennst du das, antwortete sie auf mein Nachfragen, während der ganze Klassenraum schon grinste. Und schrieb es mir auf.
Da sehe ich: H & M.
Ich bin wirklich nicht von allein drauf 
gekommen.
Es war so einfach und logisch. Und ich hab’s nicht kapiert!