Center for Uncertainty Studies Blog
CeUS Pressespiegel #18: Unsicherheit im Job – und im Freibad
Herzlich willkommen zur 18. Ausgabe des CeUS-Pressespiegels!
In diesem Format stelle ich spannende Artikel aus dem deutschsprachigen Journalismus rund um Unsicherheit, Ungewissheit und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen zusammen. Nach einer kleinen Sommerpause meldet sich der CeUS Pressespiegel diese Woche mit einer neuen Ausgabe zurück.
Wie fast jede Woche ist auch dieses Mal KI eines der zentralen Themen, dem Lesende unter dem Stichwort "Unsicherheit" begegnen. In der NZZ wagt Tom Chivers ("Die KI verlangt radikale Ambivalenz", 19.08.2025) einen Vergleich zwischen der aktuellen KI-Entwicklung und der Atomphysik der 1930er Jahre. Der englische Wissenschaftsjournalist macht auf das breite Spektrum der Zukunftsszenarien, die von Expert:innen entworfen werden, aufmerksam und rückt so die Unsicherheit ins Zentrum der Debatte.
Für die FAZ bastelt sich Marco Schwarze in "Wie man eine KI zum Unternehmensberater trainiert" (20.08.2025) seinen eigenen Strategieberater. Dies wirft einerseits die Frage auf, welche Konsequenzen und Unsicherheiten KI für verschiedene Berufsfelder mit sich bringt. Andererseits lässt sich fragen: Welchen Wert hat Beratung, wenn sie sich zwar auf etablierte Modelle und Zahlen stützt, aber in wenigen gesichtslosen Zeilen daherkommt?
In "Ich habe mich gegen die akademische Unsicherheit entschieden" (Die Zeit, 24.08.2025) berichtet der Politikwissenschaftler André von seiner Karriere in einer kleinen Bierbrauerei, für die er der Uni den Rücken gekehrt hat. Er schätzt die Verlässlichkeit seines Jobs und die Möglichkeit, sich zum Biersommelier weiterzubilden.
Unsicherheiten in Beruf und Unternehmen werden diesen Sommer auch vom Spiegel adressiert. Dort erwartet Lesende eine mehrteilige Artikelserie zum Thema "Mehr Sicherheit gewinnen" – interessant ist unter anderem der Artikel "So sagen Sie Ihrer Unsicherheit Hallo" (01.08.2025), der für die Akzeptanz von unangenehmen Gefühlen im Arbeitsalltag wirbt und eine Dialogübung empfiehlt.
In die Sommerpause fiel auch die Auseinandersetzung mit 80 Jahren seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Von der Unsicherheit und dem Horror nach dem Abwurf der Atombombe auf Nagasaki berichtet "Das Erbe der Hibakusha" (FAZ, 09.08.2025). Der Artikel greift auch aktuelle erinnerungspolitische Debatten und Probleme auf.
Kontrastprogramm gibt es in der taz, für die Anna Kücking einen Essay über das deutsche Freibad verfasst hat. "Kindheit, Chlor, Klasse" (02.09.2025) erkundet das Berliner Kombibad Gropiusstadt. Neben Pommes und Springtürmen stehen auch die unsichereren Themen auf der Agenda: Seit 2014 arbeitet im Bad ein externes Sicherheitsunternehmen.
Auch in dieser spätsommerlichen Ausgabe gibt es wie immer eine Medienempfehlung. Rezensent Andreas Platthaus bescheinigt (in "Konjunktiv III dringend gesucht", FAZ, 03.09.2025) dem Roman "Die Holländerinnen" von Dorothee Elmiger "Schockkontinuität". Er fragt sich, ob es für eine Rezension dieses Buches, dessen Protagonistin dem Verschwinden zweier Holländerinnen im Dschungel Panamas auf den Grund gehen will, nicht eigentlich einen Konjunktiv III bräuchte – so viel indirekte Rede finde sich hier. Sprachgewordene Unsicherheit also.
Haben Sie ein schönes Wochenende!
Adrian Strothotte