NEOLAiA
Sprachliche Barrieren überbrücken
Das NEOLAiA-Whitepaper zur Language Policy in der Hochschulbildung
Mehrsprachigkeit, Plurilingualismus und Interkulturalität stehen im Mittelpunkt der internationalen Zusammenarbeit in der Hochschulbildung. Innerhalb der NEOLAiA-Allianz arbeiten Universitäten in ganz Europa gemeinsam daran, integrative Sprachrichtlinien zu entwickeln, die ein wirklich globales akademisches Umfeld fördern. Ein zentrales Ergebnis dieser Bemühungen ist das kürzlich entwickelte Whitepaper zur Sprachpolitik, das sich mit den Herausforderungen der mehrsprachigen Bildung befasst und konkrete Lösungen für die Zukunft vorschlägt. In diesem Interview spricht Grace Dolcini, Delegierte der Universität Bielefeld, über ihren Beitrag zu dem Whitepaper und dessen Bedeutung für die Allianz. Sie hebt außerdem die Rolle von Work Package 7 hervor, an dem sie gemeinsam mit Susanne Hecht und Johanna Domokos von der Universität Bielefeld beteiligt ist. Dieses Arbeitspaket setzt die Empfehlungen des Whitepapers um, unter anderem mit der Einführung eines Sprachassistenten-Austauschprogramms (LAEP) im Jahr 2025. Durch die Unterstützung von Universitäten bei der Entwicklung mehrsprachiger Programme und der Förderung von Sprachaustauschinitiativen spielt Work Package 7 eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der zukünftigen Sprachpolitik innerhalb von NEOLAiA.
Welche zentralen Erkenntnisse oder Herausforderungen wurden beim NEOLAiA-Symposium im Oktober 2024 an der Universität Tours zur Mehrsprachigkeit und Interkulturalität in der Hochschulbildung identifiziert, und wie fließen diese in die Arbeit von Work Package 7 ein?
Die vorgestellten Erkenntnisse basierten alle auf Projekten und Studien, die Mehrsprachigkeit Vorgehensweisen bei der Kommunikation in Kursen oder Studiengruppen verwenden. Es war spannend, von diesen Erfahrungen zu hören und darüber nachzudenken, wie wir diese Ideen an unserer eigenen Universität umsetzen können. Obwohl Mehrsprachigkeit Prozesse verlangsamen kann, schafft sie gleichzeitig neue Chancen und ermöglicht neue Interpretationen von Ideen. Wir lernen Sprachen in unterschiedlichen Kontexten und bringen diese Ideen und Perspektiven mit, wenn wir sie sprechen. Ein mehrsprachiger Ansatz kann inklusiver sein und Studierenden sowie Forschenden helfen, Ideen auf neue Weise zu verknüpfen. Ich habe dies auch während des Symposiums selbst erlebt: Wir hatten eine Simultanübersetzung für Englisch-Französisch und Englisch-Spanisch, was ich sehr geschätzt habe, da ich kein Französisch spreche. Allerdings bedeutet das Verlassen auf Übersetzer*innen auch eine Abhängigkeit von deren Genauigkeit. Einige Redner*innen sprachen zu schnell, sodass Übersetzer*innen Teile verpassten oder falsch wiedergaben. Dies verdeutlichte sowohl die Vorteile als auch die Herausforderungen von Sprachübersetzungen in der Hochschulbildung. Während des Symposiums wurden mehrere Herausforderungen deutlich. Eine der zentralen Fragen lautet: Wie integrieren wir die Idee der Mehrsprachigkeit in unsere Kurse und Studienprogramme? Wie können wir Programme entwickeln, die für Studierende attraktiv sind und sie gleichzeitig auf die Welt vorbereiten? Zudem wurde klar, dass die Situationen an den verschiedenen Universitäten der Allianz noch unterschiedlicher sind als ursprünglich gedacht. Jede Universität hat spezifische Bedürfnisse: Einige kämpfen gegen eine mögliche übermäßige Dominanz des Englischen in der Hochschulbildung und wollen ihre Landessprache bewahren, während andere Schwierigkeiten haben, überhaupt eine Fremdsprache in ihre Programme zu integrieren. Unsere Lösungen müssen flexibel genug sein, um diese unterschiedlichen Anforderungen zu berücksichtigen.
Ein zentrales Ergebnis des Symposiums war die Entwicklung eines Whitepapers zur Sprachpolitik innerhalb der NEOLAiA-Allianz. Wie haben Sie zu dessen Erstellung beigetragen und was sind seine Ziele?
Das gesamte NEOLAiA-Projekt ist auf Zusammenarbeit ausgelegt, und unsere Arbeit am Whitepaper spiegelt diesen Geist wider. Jede NEOLAiA-Universität erstellte einen kurzen Bericht über ihren aktuellen Stand der Sprachpolitik, die größten Herausforderungen auf dem Weg zu einer wirklich internationalen Universität im 21. Jahrhundert sowie ihre zukünftigen Perspektiven. Dabei mussten wir uns mit Fragen auseinandersetzen wie: Wie fördern wir Mehrsprachigkeit und Multikulturalität an unseren jeweiligen Institutionen? Welche Rolle spielt Englisch als Lingua Franca, und wie fördern wir es, ohne die Hochschulbildung übermäßig zu anglisieren?
Auf dieser Grundlage erstellten wir ein umfassendes Dokument, das all diese Ideen sammelt und ein Whitepaper mit konkreten Empfehlungen zur Bewältigung dieser Herausforderungen liefert. Ich war in allen Phasen dieses Projekts beteiligt – von der Erstellung des ursprünglichen Berichts für Bielefeld bis hin zur Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus der Allianz im Überprüfungsprozess. Meine Kollegen*innen hier im FSZ, Julien Verriére, Sylvie Richard, Catalina Calero Ramírez und Georgina Willms, haben in Tours und bei den Folgesitzungen nach dem Symposium ebenfalls wertvolle Beiträge zu Sprache und Inhalt des Dokuments geleistet. Das Ergebnis ist ein umfassendes Dokument, das alle Interessengruppen an unseren Universitäten berücksichtigt – Studierende, Lehrkräfte und Verwaltungsmitarbeitende.
Welche spezifischen Maßnahmen oder Empfehlungen aus dem Whitepaper sollen ab 2025 innerhalb der Allianz umgesetzt werden, und welche Rolle spielt Work Package 7 bei der Umsetzung?
Das Whitepaper dient als Leitfaden für die beteiligten Universitäten. Nicht alle Maßnahmen werden überall umgesetzt, aber es gibt genug Spielraum, damit jede Universität Elemente auswählen kann, die ihre Sprachpolitik voranbringen. Viele dieser Ideen entfalten ihr volles Potenzial, wenn wir die Kooperationsmöglichkeiten innerhalb der Allianz nutzen. Ein Beispiel ist das Sprachassistent*innen-Austauschprogramm (LAEP), das Work Package 7 im Jahr 2025 einführen wird. Die Idee ist, dass studentische Sprachassistent*innen der NEOLAiA-Universitäten an einem Austausch teilnehmen und Fakultäten an den Allianzuniversitäten unterstützen, die Hilfe bei der Erstellung und Überprüfung ihrer englischsprachigen Lehrmaterialien benötigen.
Ein konkretes Szenario: Eine Geschichtsfakultät einer Allianzuniversität plant neue Kurse auf Englisch. Die Entwicklung neuer Kurse benötigt Zeit – erst recht in einer Fremdsprache. Hier könnte das Assistent*innenprogramm sowohl für die Universität als auch für die Studierenden vorteilhaft sein. Die Fakultät könnte für ein Semester eine Assistenzkraft aus einer anderen Universität erhalten, die bei der Kurserstellung unterstützt. Im Gegenzug hätte die Assistenzkraft die Möglichkeit, in einer neuen Umgebung zu arbeiten und zusätzlich einen Anfängerkurs in ihrer eigenen Sprache an der Gastuniversität anzubieten. Dies ist nur ein Beispiel für die vielen Möglichkeiten, die diese Allianz bietet. Ich weiß, dass andere Arbeitspakete weitere Austauschmöglichkeiten, Kurse, Forschungsinitiativen und vieles mehr planen.