Center for Uncertainty Studies Blog
Deutschlandfunk berichtet über Uncertainty-Forschung aus Bielefeld
Der Deutschlandfunk hat im Rahmen der Sendung „Systemfragen“ unter dem Titel „Vielfachkrisen / Kann Unsicherheit produktiv sein?“ über die vom Bielefelder Center for Uncertainty Studies ausgerichtete Konferenz „Navigating Uncertainty: Preparing Society for the Future“ und die Forschungsinitiative „Modi und Effekte des Navigierens von Unsicherheit in der Gesellschaft“ (MODUS) berichtet.
„Unsicherheit zu spüren muss […] im Zusammenleben nicht zwingend etwas Negatives bedeuten“, meint Professorin Silke Schwandt. Sie kritisiert, „dass Unsicherheit ganz stark negativ konnotiert ist und es darum geht, Unsicherheit zu vermeiden, zu reduzieren, mindestens einmal zu kontrollieren und aus der Welt zu schaffen […]. Wir würden argumentieren, dass Unsicherheit durchaus positive Effekte in der Gesellschaft haben kann und, dass es uns darum geht, anzuschauen, wie das Entscheidungshandeln oder auch die Modes of Navigating, also die Modi des Navigierens von Unsicherheit auf Akteursebene - und damit meinen wir Individuen als auch Kollektive […] - konstruktive Effekte auf Gesellschaft haben können.“
Diese Modi bilden den Schwerpunkt der Forschungsinitiative, an der zahlreiche internationale und interdisziplinäre Forscher*innen beteiligt sind. „Der Wirtschaftsmathematiker Manuel Förster hat z.B. mit seinem Team die Auswirkungen von Verunsicherung auf die Verbreitung von Falschinformationen in einem Modell berechnet. Fazit: Wer sich unsicher ist, ist eher bereit, eine Information zu überprüfen, die er oder sie z.B. im Netz findet. […] Hier kann Unsicherheit dazu führen, dass Menschen nicht so leicht auf Fake News hereinfallen.“
Die Wissenschaftlerin Carolina Falcão demgegenüber hat sich an der Rural Federal University of Pernambuco in Brasilien intensiv mit dem Werk des indigenen Menschenrechts- und Umweltaktivisten Ailton Krenak beschäftigt. Falcão meint, „dass die Menschen in Brasilien tendenziell besser mit Unsicherheit und Ungewissheit umgehen können als hier in Europa […].“
Auch Andreas Zick kommt in dem Beitrag zu Wort: „Wir haben festgestellt, dass die Verunsicherung stark zugenommen hat. Verunsicherung, wie sich z.B. ausdrückt in einem Misstrauen gegenüber politischen Entscheidungen […].“ Die Forschenden um den Direktor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) haben im Rahmen der letzten Mitte-Studie herausgefunden, dass mehr als jede fünfte Person in Deutschland (repräsentative Stichprobe) sich aktuell einen Führer wünsche, der das Volk zum Wohle aller regiert. „Das sind Ergebnisse in Krisenzeiten“, hält der Forscher im DLF-Interview fest.
In solchen Krisenzeiten „gilt in Demokratien erstmal das Umschauen nach Expertise, nach Rat, nach Solidarität und Zusammenhalt. Wir haben in den Demokratien lauter Modi des Navigierens, die wir nur nicht nutzen. Das ist etwas, was uns beunruhigt.“
Für Silke Schwandt, deren Kommentar den Radio-Beitrag abschließt, liegt die Kernherausforderung darin, zu verstehen, wo die Verunsicherung liegt, um sie dann vielleicht in eine Zukunftsoffenheit umdeuten zu können. Um noch mehr über die Aktivitäten der Forschungsinitiative zu erfahren, können Interessierte den Beitrag beim Deutschlandfunk nachhören und auch der CeUS Blog begleitet die Forschenden und ihre Arbeit.