BLOG Zentrum für Ästhetik - Kategorie Art & Science
Ensemble Horizonte Detmold
Verweigerungen gegen den vermeintlich guten Geschmack
16. November 2022, 19.30 Uhr, Kunsthalle Bielefeld
Mit Stücken von Mauricio über Helmut Lachenmann bis zu Hannes Kerschbaumer stellt sich das renommierte Detmolder Ensemble Horizonte unter Leitung des Komponisten Jörg-Peter Mittmann musikalisch dem Thema des art/science-Festivals "Schlechter Geschmack". In unterschiedlichen kammermusikalischen Besetzungen lotet es aus, wie Verweigerungen gegen den vermeintlich (!) guten Geschmack in der Neuen Musik aussehen können und trifft dabei auf die besondere Atmosphäre der Kunsthalle.
Überall dort, wo Kunst auf hypertrophe Ausschweifung, auf Kitsch, auf Bombast stößt, neigt sie zu einer besonderen Form der Gegenwehr: der strikten Verweigerung gegen das angenehm "Schöne" in all seinen Ausschmückungen. Solche Verweigerungen prägen das Programm des Abends und bieten eine spannende und erstaunlich facettenreiche Perspektive auf Stationen der Musikgeschichte im 20. und 21. Jahrhundert!
© Mariana Vieira
Das ENSEMBLE HORIZONTE widmet sich seit 1990 in variabler Besetzung vom Duo bis zur 16-köpfigen Formation vor allem der zeitgenössischen Musik. Wichtiger als jede stilistische Festlegung war und ist der Wunsch, durch thematische Schwerpunkte und das Eingehen auf spezifische Raumsituationen Kontexte zu stiften, die auch dem unvorbereiteten Hörer Orientierung in der Klangwelt der Moderne vermitteln. So dienen Beziehungen zwischen Tradition und Moderne sowie Wechselwirkungen zwischen Musik und anderen Kunstgattungen als Schlüssel für neue Erlebnisperspektiven, die auch einem breiten Publikum ohne Vorkenntnis - wohl aber mit Mut und Abenteuerlust - die spannende Welt zeitgenössischer Klangsprachen öffnen. Das Ensemble arbeitet mit verschiedenen Theatern, mit namhaften Gastkünstlern und Komponisten, mit deutschen Rundfunkanstalten und vielfältigen Veranstaltern im In- und Ausland zusammen. 2018 war es – ebenfalls in der Kunsthalle - Gast beim art/science-Festival "Identität".
Die Veranstaltung findet im Rahmen des art/science-Festivals "Schlechter Geschmack" statt. Der Eintritt ist frei. Um Spenden wird gebeten.
Kitsch - das schlechter Gewissen der Kunst?
Vortrag von Prof. Dr. Wolfgang Braungart
16. November 2022, 18 Uhr, Kunsthalle Bielefeld
Kitsch gilt allgemein geradezu als Inbegriff des schlechten Geschmacks und Kennzeichen einer Massenkultur, die den Gegensatz zur anspruchsvollen "Hochkultur" bildet. So sehr dem Kitsch das Moment des Ideologischen, ja Verlogenen anhaftet, so sehr ist er gleichzeitig Ausdruck einer authentischen Sehnsucht nach dem "wahrhaft Schönen", dem ganz Anderen, den großen Gefühlen, dem Idyllischen – lauter Aspekte, die die moderne Kunst nicht mehr bedienen kann. Der renommierte Literaturwissenschaftler Wolfgang Braungart beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Phänomen "Kitsch" und seiner Vielschichtigkeit, der man durch Ignoranz allein gewiss nicht gerecht werden kann.
Prof. Dr. Wolfgang Braungart lehrte von 1996 bis 2022 Allgemeine Literaturwissenschaft, Kulturwissenschaft, Literaturanthropologie und Deutsche Literatur seit der Frühneuzeit an der Universität Bielefeld. Ein wichtiger Aspekt seiner Forschungen ist das Verhältnis von Literatur und Religion. Nicht zuletzt ist er ein großer Kenner der Lyrik Hölderlins, Mörikes und Georges.
Die Veranstaltung findet im Rahmen des art/science-Festivals "Schlechter Geschmack" statt. Der Eintritt ist frei. Um Spenden wird gebeten.
Wein und Wissenschaft
Weinprobe mit Kurzvorträgen - *keine Anmeldung mehr möglich*
15. November 2022, 19.30 Uhr, Weinboutique VIN PUR (Rolandstraße 20)
Guten Geschmack im Kulinarischen beweist man landläufig nicht zuletzt durch die Auswahl seiner Weine. Allerdings: Welche Kriterien dabei eine Rolle spielen sollten, ist nicht für jedermann sofort einsichtig. Torben Bunte, Inhaber der Weinboutique "VIN PUR" und Experte für Naturweine, gibt Nachhilfe bei der Beurteilung von edlen Tropfen und lädt gleichzeitig zur Verköstigung einiger seiner Favoriten ein. Bei der Beurteilung von Wein spielt für ihn auch die damit einhergehende Auseinandersetzung mit Esskultur, Qualität, Herkunft, Nachhaltigkeit, Regionalität und einem verantwortungsvollen Einsatz von Ressourcen eine wichtige Rolle. Unterstützt wird er von zwei Wissenschaftlern: Der Mediziner Erhard Wischmeyer erklärt an diesem Abend, welche physiologischen Prozesse beim Schmecken ablaufen, während der Soziologe Oliver Flügel-Martinsen erläutert, wie Fragen des guten Geschmacks auch dazu genutzt werden können, feine gesellschaftliche Unterschiede zu markieren.
Torben Bunte betrieb von 2014 bis 2021 das "Heinrich sein Enkel" am Siegfriedplatz und ist seit 2012 Weinhändler für Naturweine mit der VIN PUR Weinboutique.
Prof. Dr. Oliver Flügel-Martinsen lehrt seit 2014 Politische Theorie und Ideengeschichte an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld.
Prof. Dr. Erhard Wischmeyer leitet seit 2021 die Arbeitsgruppe "Zelluläre Neurophysiologie" an der Medizinischen Fakultät OWL.
Die Veranstaltung findet im Rahmen des art/science-Festivals "Schlechter Geschmack" statt.
Ensemble für nicht gekonnte Musik und Uni-Ensemble sans sens
Flamingo in Aspik
12. November 2022, 20 Uhr, Bunker Ulmenwall (Kreuzstraße 0)
Just wenn das Röhren des Hirsches verklungen ist und fromme Kinderhände anheben, sich in Erwartung des Weihnachtsfestes zum Wunschgebet zu falten, wird es höchste Zeit, sich zu erinnern, dass die Grenzlinie zwischen gutem und schlechtem Geschmack ein Kreis ohne Mitte ist, nicht unähnlich Onkel Sachers Tortenform. Angetrieben von wohligem Katzenschnurren dreht sich besagter Kreis um sich selbst und im Kanon, “once upon a time the world was round…”, Sie wissen schon. Im Übrigen darf an das mahnende Bonmot aus dem Umkreis des Frankfurter Kranzes erinnert werden, wonach zum Gelingen der Revolution am Feierabend eine Torte und nichtgekonnte Musik zwingend erforderlich sind.
Ensemble für nicht gekonnte Musik
Das Ensemble für nicht gekonnte Musik setzt bewusst Prozesse in Gang, die sich nicht kontrollieren lassen. Vorgängen, die üblicherweise in Konzerten als Störung oder Ablenkung wahrgenommen werden, gilt hier die ganze Aufmerksamkeit. Der Versuch, diese Prozesse dennoch nach musikalischen Gesichtspunkten zu strukturieren, ist natürlich zum Scheitern verurteilt, lässt jedoch überraschende Momente voller zarter Poesie, skurriler Komik und kammermusikalischer Intensität entstehen.
Ortrud Kegel – hans w. koch – Johannes Voit www.gekonnthatskeiner.de